Es ist der Gründungsmythos der Bundesrepublik Deutschland: das Wirtschaftswunder. Mit ihrem Fleiß haben sich die Deutschen nach der Stunde Null wieder hochgearbeitet, Wirtschaftsminister Erhard hat die D-Mark erfunden, und die Amerikaner haben West-Deutschland mit dem Marshallplan uneigennützig geholfen. Halten die Narrative der frühen Nachkriegsjahre einer Überprüfung stand? Dokumentarfilmer Dietrich Duppel und Produzent Thomas Schuhbauer zeichnen ein überraschendes Bild: Der Wirtschaftsboom nach 1945 basiert auch auf dem Unrecht der NS-Zeit, der ungesühnten Ausbeutung von Zwangsarbeiter:innen und der Vertuschung und Nicht-Verfolgung von Täter:innen.
Und die Autoren werden unvorhergesehen Teil der Geschichte: Thomas Schuhbauer erkennt, dass im Wohnzimmer seiner Eltern 50 Jahre lang ein Gemälde des Industriemalers Erich Mercker hing. Eine Röntgen-Untersuchung zeigt: unter der Bildoberfläche liegen Spuren von NS-Motiven wie Hakenkreuz-Fahnen, die später vermutlich vom Maler selbst übertüncht wurden. In einer Spurensuche entdeckt Schuhbauer, was sich hinter der Übermalung verbirgt, und wie der Maler von Aufträgen in der NS-Zeit profitierte.
Zeitgleich entdeckt Dietrich Duppel in seinem Heimatdorf Maulbronn und in Ennepetal Dokumente, die belegen, dass scheinbar unbescholtene Unternehmer:innen und Ehrenbürger:innen finanziell stark vom Ausbeutungssystem und der Kriegstreiberei der Nazis profitierten. Die persönlichen Geschichten der Autoren, ihre Recherchen und Gespräche mit Historiker:innen in Polen, Frankreich und Deutschland entzaubern zahlreiche Mythen und Legenden und schreiben die neue Geschichte eines deutschen Wirtschaftswunders, das eben auch auf Raub und Unrecht der NS-Zeit basierte.


